Der Blaumantel vom Trattnerhof

Wann scheint ein Verbrechen der einzige Ausweg zu sein?
Kapuzinergruft, Wien, Sarkophag Kaiser Karl VI.

Verbrechen und Strafe in Wien

Diese Tour widmet sich dem Thema Verbrechen und Strafe in Wien – makaber und spannend, aber auch lehrreich. In kaum etwas äußert sich der Charakter einer Stadt so roh und unverfälscht wie in ihren dunkelsten Momenten – Verbrechen erlauben einen Blick in das Innerste einer Gesellschaft und ihrer Menschen. 

Soziale Spannungen, geschichtliche Ereignisse, der Umgang mit Randgruppen und Außenseitern und vieles andere mehr – sie alle drücken sich in den Taten aus, die in Wien durch die Jahrhunderte begangen wurden. Wenn jemand ein Verbrechen begeht, wenn die Gesellschaft darauf reagiert, zeigt sich, welche Regeln, geschrieben und ungeschrieben, gelten: Was „tut man nicht“? Wann scheint ein Verbrechen der einzige Ausweg zu sein? 

Ich möchte Ihnen all das anhand einiger der interessantesten Kriminalfälle Wiens näherbringen. Vom Mittelalter bis in die 1970er Jahre reicht dabei die Spanne der behandelten Fälle – von der grausamen Tat und dem grausameren Ende des Bäckergesellen Barthel im Spätmittelalter bis zum „Fall Lucona“, der mit seinen vielfältigen Verflechtungen bis in höchste Regierungskreise die Republik erschütterte. Jeder Fall erzählt eine Geschichte über seine Zeit, ist aber natürlich auch selbst einfach eine spannende Geschichte. 

Welcher entsetzliche Fund verstopfte 1861 den Abzugskanal einer Schmiede auf der Mölkerbastei? Warum sprang Raimund Lewisch über das Geländer eines Treppenhauses, und was gestand er in der Stunde seines Todes? Was steckt hinter dem furchterregenden Hausnamen „Zu den Fünf Morden“? Wer war „Nikon Nizetas“, der um 1900 immer wieder großzügige Geldsendungen von Unbekannten erhielt? Was brachte einen hohen Offizier dazu, einer der berüchtigtsten Doppelagenten aller Zeiten zu werden? Wer war der „Blaumantel vom Trattnerhof“, und warum musste ein angesehener Mathematiklehrer sterben? Welcher Skandal zerstörte das Leben der Starschauspielerin Therese Krones – obwohl sie gar nicht daran beteiligt gewesen war? Was war außer der Kapuzinergruft noch unter dem Kapuzinerkloster zu finden, und was geschah, als das Geheimnis entdeckt wurde? Für wen konnten eine Ohrfeige, ein Schimpfwort oder „wiederholtes Spazierengehen“ lebenslangen Kerker bedeuten? Warum könnte in Wien „Romeo und Julia“ „Wiprecht und Anna“ heißen? Auf welche furchtbare Weise erfüllte sich der Schwur des Bürgers Pippinger? Zu welcher Wahnsinnstat trieb seine Eifersucht den Kriminalgerichtsbeamten Grünborn? 

Wo Verbrechen ist, da ist meist Strafe nicht weit, und auch das wird Thema dieser Führung sein. Was geschah im Mittelalter mit jemandem, der eine ganze Familie ermordete, wenn schon „einfacher“ Mord oft furchtbar bestraft wurde? Wie endete die „Blutgräfin“ Bathory als Folge ihrer angeblichen Massaker? Wann und wo war die einzige Hexenverbrennung, die Wien jemals erlebte, und was wurde der „Hexe“ vorgeworfen? Was war die Untat, die Joseph den Zweiten dazu brachte, die Todesstrafe wieder einzuführen? 

Protagonisten dieser Fälle sind in den seltensten Fällen berühmte oder „bedeutende“ Personen. An sie erinnern keine Gedenktafeln oder Statuen, aber auch sie sind Teil der Stadtgeschichte. Ihre – oft schrecklichen – Erlebnisse verdienen es, weitererzählt zu werden.